Ich habe mich bei einer Stadtverwaltung in Nordrhein-Westfalen für den dualen Studiengang Bachelor of Laws beworben und erhielt die Einladung zu einem Eignungstest. Dieser wurde von einer externen Firma durchgeführt.
Zuerst warteten wir vor dem Saal im Rathaus, in dem der Test stattfinden würde. Es waren ca. 30 Bewerber vor Ort. Sollte man bereits einen ähnlichen Test bei derselben Firma durchgeführt haben (es durfte nicht länger als ein Jahr her sein), war eine Testübernahme möglich (laut der Firma läge die Chance, sich bei erneuter Teilnahme zu verbessern, bei 1:4000). Um kurz vor 14 Uhr kamen dann die Beamten und riefen uns alphabetisch in den Saal. Jeder erhielt einen Zettel, auf dem Name und Laufnummer stand (diese würden wir noch für den Test brauchen). Am Arbeitsplatz lagen zwei Aufgabenhefte, eine dicke Mappe mit Papieren, zwei Bleistifte und ein Radiergummi.
Es gab jeweils zwei Gruppen: Gruppe A hatte eine blaue, Gruppe B eine gelbe Mappe. Die Basistexte waren zwar gleich, jedoch waren die Fragen anders. So wollte man verhindern, dass man beim Nachbarn auf die Antworten schaute. Der Test würde aus zwei Teilen bestehen, die jeweils ca. eineinhalb Stunden dauern sollten. Nach dem ersten Teil würde man uns eine 15-minütige Pause geben, bei der wir essen, trinken und auf Toilette gehen konnten. Auch wurde der Test so konzipiert, dass nicht alle Aufgaben gelöst werden konnten. Wichtig war auch, dass in mancher Aufgaben ein falsches Kreuz oder eine falsche Antwort Punkteabzug hieß. Wenn wir also nicht sicher waren, sollten wir bei den betreffenden Aufgaben lieber gar kein Kreuz machen. Unser Prüfer gab uns aber vor jeder Aufgabe Bescheid, ob Abzüge drohten oder nicht.
Vor jeder Aufgabe wurde gemeinsam eine Beispielaufgabe gelöst, Fragen konnten wir dabei jederzeit stellen. Insgesamt war die Atmosphäre sehr entspannt, wenn es noch Fragen gab, wurden sie solange beantwortet, bis schließlich keine mehr offen und alle Anwesenden bereit waren. Auf das erste Blatt aus der Mappe sollten wir unsere Daten schreiben (Name, Geburtstag, Stadt, Laufnummer und Code). Dann mussten wir eine Einverständniserklärung abgeben, dass wir geistig und körperlich nicht beeinträchtigt sind, unsere Testdaten ein Jahr gespeichert und die Ergebnisse an die Behörde weitergeleitet werden dürfen.
Als der Prüfer uns die Anweisung gab, öffneten wir die Mappe und nahmen das erste Aufgabenblatt raus, danach wurde die Mappe immer wieder zugemacht. Auf jedes Aufgabenblatt, das wir in den nächsten drei bis vier Stunden bearbeiten würden, sollten unser Code und unsere Laufnummer geschrieben werden. Der Code ist ein Kürzel, bestehend aus den Anfangsbuchstaben von Vor- und Nachname und dem Geburtsdatum (individuell, dient als Wiedererkennung des Bewerbers und als Vorbeugung von subjektiven Testauswertungen).
Die erste Aufgabe war ein zweiseitiger Text, bei dem wir Rechtschreib- und Satzzeichenfehler korrigieren mussten. Unter jedem Buchstaben gab es ein Feld zum Ankreuzen. Ein falscher Buchstabe oder ein falsches Satzzeichen bedeutete ein Kreuz, ein fehlender Buchstabe/Satzzeichen bedeutete zwei Kreuze, und sollte ein Buchstabe/Satzzeichen fehlen und einer/eines falsch sein, sollten wir drei Kreuze machen. Dies war recht verwirrend. Ganz am Anfang gab es einen Beispielsatz, den wir zusammen korrigiert hatten. Wir hatten fünf Minuten Zeit, die Aufgabe zu lösen.
Die nächste Aufgabe war eine Merkaufgabe. Wir bekamen 25 Wörter und hatten drei Minuten, sie uns einzuprägen. Der Prüfer gab uns den Tipp, eine kurze Geschichte zu erfinden. So könne man sie sich nachweislich besser merken. Mir hat dieser Tipp definitiv geholfen, weil wir keine Notizen machen durften. Es waren zusammenhangslose Wörter wie Mutter, Freunde, Schurke, geben, Zirkus, Brille, finster und Ähnliches.
Bevor es ans Aufschreiben ging, folgte eine Zwischenaufgabe mit mehreren, unterschiedlichen Figuren (geometrisch oder Linien), die verschiedene Merkmale gemeinsam hatten – es galt daher, eine Figur zu finden, sich mit einem Merkmal von den anderen unterschied. Da musste man schon sehr genau auf die Details achten (z.B. gab es eine F-förmige Figur, die fünfmal in verschiedenen Winkeln dargestellt wurde).
Anschließend sollten wir die 25 Wörter aufschreiben, die wir uns vor der Logik-Aufgabe merkten. Dafür hatten wir sieben Minuten, ich konnte ca. 21 Wörter auswendig. Danach mussten wir auf der rechten Seite die Buchstaben ankreuzen, die im Wort vorkamen – eine sehr mühselige Arbeit, unser Prüfer nannte es „kodieren“. Dies ist wohl für den Scanner gedacht, der unsere Antworten einscannen würde, weshalb wir auch deutlich schreiben mussten und ein falsches Kreuzchen eventuell unser Ergebnis verschlechtern würde.
Die letzte Aufgabe des ersten Teils beinhaltete „Gesetze“ oder Regeln die für beschriebene Personen galten. Mindestens eine Person, höchstens zwei waren richtig. Zum Beispiel: „Sonderurlaub während der Schulferien darf nehmen, der diese und diese Bedingung erfüllt.“ Oder: „Wer sein Auto länger als drei Minuten stehen lässt oder es verlässt, parkt.“ Viele Regeln waren länger und verwirrender; es war die erste Aufgabe, bei der wir Notizen machen durften.
In der folgenden Pause war Zeit, sich mit den anderen Bewerbern auszutauschen und sich ein wenig zu erholen.
Zuerst standen Rechnungen an, bei denen wir ankreuzen mussten, in welchem Zahlenbereich das Ergebnis lag (also zwischen 1 und 100 oder 100 und 1000 etc.). Dann hörten wir einen etwa fünfminütigen Dialog: Eine Frau unterhielt sich mit einem Sozialarbeiter, es ging um finanzielle Unterstützung bei ihrer Wohnung. Man musste sich viele Details merken, um hinterher rund 50 Fragen zur Familiensituation (Arbeitslosigkeit des Mannes), zum Verhalten des Sozialarbeiters (Wie hat er sich verabschiedet?) und weiteren Gesprächsaspekten in drei bis vier Minuten zu beantworten.
Danach kamen wieder zehn Matheaufgaben an die Reihe: Umwandlung von Maßeinheiten (wie viel sind 145mm + 0,35m – 12,5dm = ?), Prozentrechnung (wie viel Prozent sind 39.800,00 € von 49.500,00 € ?), Grundrechenarten (95,83 : 8,787 = ? oder 6 ½ + 4 ¾ = ?) und Dreisatzaufgaben (46 Liter kosten 14,90 € – wie viel kosten 13 Liter ?). Wir hatten 15 Minuten Zeit und durften ein Schmierblatt nutzen. Eine Bruchaufgabe mit Sinus konnte ich zum Beispiel nicht lösen.
Die folgende Aufgabe bestand in einem Text von einem ehemaligen Bundespräsidenten über den Tag der Deutschen Einheit. Wir trugen fehlende Wörter ein (Grundgesetz, Verfassung, aber auch Prädikate, Adjektive usw.). Also auf jeden Fall deutsche Geschichte wiederholen!
Zum Schluss sollten wir noch einmal dieselben 25 Wörter aus Teil 1 in drei Minuten auswendig lernen. Ich habe versucht, mir jene zu merken, die ich beim ersten Mal vergaß. Diesmal bekamen wir gleich zwei Zwischenaufgaben: Zunächst galt es zu überprüfen, ob ein Name zweimal identisch geschrieben wurde oder ob sich Fehler einschlichen. Dafür hatten wir ca. drei Minuten. Bei der zweiten Aufgabe war dasselbe mit Zahlenreihen zu tun. Auch hier hatten wir wieder drei Minuten. Zu guter Letzt schrieben wir endlich unsere Merkwörter auf. Seltsamerweise erinnerte ich dieses Mal wieder etwa 21-22, aber nicht alle.
Danach sollten wir alles abgeben und konnten ins Wochenende gehen. Insgesamt denke ich, dass der Test mit der richtigen Vorbereitung definitiv machbar war. Es kamen keine Allgemeinwissensfragen oder Fachwissen vor.
Von rund 500 Bewerbern habe ich im Eignungstest so gut abgeschnitten, dass ich in die engere Auswahl kam. Die Einladung zu einem Gruppengespräch (eine Stunde) und anschließendem Einzelgespräch (ca. 45 Min.) kam nach ca. vier Wochen. Ich sollte mich für eine fünfminütige Selbstpräsentation zu Hause vorbereiten. Wir waren insgesamt sechs Bewerber, und zunächst haben sich die vier Personaler vorgestellt. Diese saßen auf einem erhöhten Podest und blickten mehr oder weniger auf uns herab, fast schon wie Richter auf die Angeklagten. Dann wurde uns der Ablauf erklärt und wir konnten beginnen.
Bei der ersten Aufgabe sollten wir einen Betriebsausflug planen, es gab Voraussetzungen wie die Anzahl der Gruppe, das Budget und dass es eine europäische Großstadt sein musste. Wir sollten gemeinsam ein Programm planen, dafür hatten wir zehn Minuten Zeit (inklusive Notizen). Anschließend stellte ein Gruppenmitglied die Ergebnisse vor. Meist wurde der ausgesucht, der während des Gesprächs weniger gesagt hatte. Man sagte uns, dass nicht unsere Meinung, sondern unser Umgang mit den anderen in der Gruppe beachtet wird (unterbrechen wir uns, reden wir laut und deutlich, usw.).
Nach einer Pause, damit die Personaler sich besprechen konnten, kam bereits die letzte Aufgabe: Ein Gruppengespräch über verkaufsoffene Sonntage, die Regelungen und Besonderheiten (z.B.: Sollte man bundesweite Regeln festsetzen?) Ein aktuelles Thema, das bei uns in der Lokalzeitung vor ein paar Wochen drankam – also schön Nachrichten lesen!
Beim Einzelgespräch stellte man sich zunächst vor, dann wurden Unmengen an Fragen gestellt: Zum Gruppengespräch; zum Studium (Inhalte, Regeln, Module usw.); zur Eigenmotivation; ob man Teamplayer ist; warum gerade ich eingestellt werden sollte, warum ich gerade in dieser Stadt diesen Job möchte; wie die Ämter einer Stadt organisiert sind; wo eigene Schwächen und Stärken liegen; wie man mit einer Absage umgehen würde; wo weitere Interessen liegen und mehr. Am Schluss gab es Gelegenheit, eigene Fragen zu stellen, allerdings fand ich die Antworten zu kurz.
Insgesamt lief das Gespräch nicht so gut, oft wurden dieselben Fragen mehrmals gestellt, sodass ich mich wiederholen musste. Es erinnerte mehr ein Verhör als einen Dialog. Ein Personaler schien sehr gelangweilt und blickte oft genervt umher. Die anderen zwei haben keinerlei Regung gezeigt, sondern nur gestarrt, und die „Hauptinterviewerin“ hat sehr viele fiese Fragen gestellt. Bei einem Bewerbungsgespräch wird man natürlich unter Druck gesetzt, aber ihre Fragen wurden zunehmend genervter und schon fast arrogant. Ich habe mich während des gesamten Gesprächs unglaublich unwohl gefühlt, obwohl mir das Gruppengespräch ziemlich viel Spaß gemacht hatte. Auch haben sie sich nach meinen Antworten oftmals schiefe Blicke zugeworfen.
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