Ich hatte mich für die 2. Qualifikationsebene bei der Polizei Bayern beworben. Insgesamt geht das Eignungsauswahlverfahren in unserem schönen Freistaat über zwei Tage. Es war also damit zu rechnen, dass der Einstellungstest ziemlich anstrengend werden würde. Hat sich dann auch bewahrheitet.
Die erste Prüfung war für acht Uhr morgens angesetzt. Entsprechend früh klingelte bei mir der Wecker, damit ich es noch rechtzeitig – Frühstück nicht vergessen – mit dem Auto nach München schaffenwürde. Der Einstellungstest fand auf einem Gelände der bayerischen Bereitschaftspolizei im München-Ramersdorf statt, in der Nähe vom Ostbahnhof. Sportsachen hatte ich auch dabei, da man schon am ersten Auswahltag zum Sporttest antreten muss.
Punkt 1 der schriftlichen Prüfung war ein 90-minütiger Sprachtest am Computer, der sich aus einem Lückendiktat, einem Multiple-Choice-Aufgabenteil und einem Freitext zusammensetzt.
Beim Lückendiktat erschien ein Text auf unseren Bildschirmen, in dem einige Wörter fehlten. Die Prüfer haben uns den vollständigen Text vorgelesen, und wir mussten die fehlenden Begriffe richtig geschrieben in die entsprechenden Leerstellen einsetzen.
Danach ging's mit den Multiple-Choice-Aufgaben weiter. Die waren noch einmal in verschiedene Kategorien unterteilt, das erste Thema waren Wortbedeutungen: Ein Wort wurde vorgegeben, zum Beispiel „Integration", und dann sollte man unter fünf Antwortvorschlägen den Begriff herausfinden, der dasselbe bedeutet. Bei einer anderen Multiple-Choice-Aufgabe wurden immer fünf Wörter angezeigt, von denen sich vier ähnlich waren – wir mussten das Wort herausfiltern, das aus der Reihe fiel. Am Ende des Multiple-Choice-Tests erhielten wir einen Text, in dem die „s“-Laute komplett fehlten. Bei den so entstandenen Lücken ließ sich ein Auswahlmenü öffnen, in dem wir die richtige Ergänzung anklicken sollten: Heißt es zum Beispiel „Idealmaß“, „Idealmass“, „Idealmas“ oder Idealma's“?
Am Ende des Sprachtests wartete der so genannte Freitext. Der Name ist vielleicht ein bisschen verwirrend, weil es nicht darum geht, selbst etwas frei zu verfassen, sondern darum, einen vorgegebenen Text ohne Auswahlhilfen zu korrigieren. Zu achten war auf alles Mögliche: Kommasetzung, fehlende Buchstaben, falsche Schreibweisen, Groß- und Kleinschreibung und so weiter. Hier hieß es aufzupassen, um nur ja keine Flüchtigkeitsfehler zu machen! Aus Versehen ein Leerzeichen zu viel eingetippt oder einen Buchstaben vergessen – schon hatte man einen Fehler. Inhaltlich drehte sich der Freitext um die Beschreibung eines Polizeieinsatzes.
Außerdem kann ich mich noch an eine andere Korrekturaufgabe im Sprachtest erinnern: Wir bekamen mehrere Sätze mit falschen, unpassenden Konjunktionen, die wir durch passende Konjunktionen ersetzen sollten. Nicht leicht, weil keine Auswahlmöglichkeiten vorgegeben waren.
Auf den Sprachtest folgte der Grundfähigkeitstest, der ebenfalls am PC stattfand und in mehrere Abschnitte unterteilt war: Konzentration, Mathe, Logik und Merkfähigkeit. In jeder Kategorie fingen die Fragen leicht an und wurden nach und nach immer schwerer. Für den Grundfähigkeitstest waren 50 Minuten vorgesehen.
Der Grundfähigkeitstest begann mit einer Konzentrationsaufgabe. Auf dem Bildschirm erschien ein großes Feld mit mehreren Reihen von schematisierten Kerzenleuchtern (etwa 20 pro Reihe). Jeder Kerzenleuchter hatte zwischen 0 und 3 Kerzen, die verschieden stark abgebrannt waren. Nun musste man per Mausklick die unbrauchbaren Leuchter aussortieren, die entweder komplett abgebrannt oder überhaupt keine Kerzen hatten. Die Zeit war sehr knapp bemessen, ich habe nur circa 75 Prozent geschafft. Später haben mir einige erzählt, dass sie nur die Hälfte bearbeiten konnten.
Eine weitere Konzentrationsaufgabe bestand darin, eine Zahlenreihe aus drei Kommazahlen von groß nach klein zu ordnen. Insgesamt musste man 30 Zahlenreihen bearbeiten. Dafür hatten wir zwei Minuten Zeit.
Hier mussten wir verschiedene Dreisatzrechnungen lösen. Die Ergebnisse waren am PC einzutragen, für Nebenrechnungen gab es Schmierzettel. An eine Aufgabe kann ich mich noch erinnern, sie lautete: Eine Druckerei stellt ein Jahrbuch zu 5 Euro pro Exemplar her. Die Druckauflage beträgt 3.000 Exemplare. Für die Produktion wird für 8 Tage ein zusätzlicher Arbeiter eingestellt, der einen Stundenlohn von 8 Euro erhält. Welche Mehrkosten fallen dadurch pro Buch an, wenn der Arbeiter 8 Stunden am Tag arbeitet? Symbolrechnen kam zum Glück nicht dran.
Im Logikbereich wurden uns visuelle Analogien gezeigt. Die waren aufgebaut nach dem Schema: Figur 1 verhält sich zu Figur 2 wie Figur 3 zu einer vierten Figur. Die ersten drei Figuren waren abgebildet, die vierte fehlte – die mussten wir nach dem Multiple-Choice-Prinzip selbst bestimmen.
Der Erinnerungsteil begann so: In einer Art Sudoku-Gitter wurden uns die Raumnummern von 20 Dienstzimmern angezeigt, die wir uns in zwei Minuten einprägen sollten. Anschließend mussten wir die Raumnummern in einer Zahlenreihe von 1 bis 100 wiedererkennen. Bei der zweiten Erinnerungsaufgabe mussten wir uns jeweils den Namen und das Einsatzland von 15 Polizisten einprägen. Daraufhin wurden nacheinander einzelne Länder genannt, denen wir mithilfe einer Liste von drei bis fünf Namen den zugehörigen Polizisten zuordnen sollten.
Nachdem wir den Sprachtest und den Grundfähigkeitstest hinter uns hatten, ging es gegen 11 Uhr mit dem Sporttest weiter. Bei der Polizei Bayern sind vier Disziplinen eingeplant: Sprünge über eine Kleinbank, Bankdrücken, Pendellauf und Cooper-Test. Die ersten zwei Übungen erklären sich wohl von selbst, bei den anderen Stationen sollte ich wahrscheinlich etwas weiter ausholen: Beim Pendellauf transportiert man Seilknäuel zwischen zwei Kleinbänken hin und her (auf Zeit). Beim Cooper-Test läuft man 12 Minuten lang Runden in einer Halle und muss eine möglichst weite Strecke zurücklegen.
Ich bin sehr fit und habe viele sportliche Hobbys, deswegen habe ich den Sporttest gut gemeistert. Man darf allerdings nicht die Ermüdung unterschätzen, beim Sporttest der Polizei Bayern gibt es zwischen den einzelnen Stationen keine Erholungspause.
Nach dem Sporttest gab es um circa 13 Uhr Mittagessen.
Frisch gestärkt konnten wir die Gruppenaufgabe angehen. Unsere Gruppe bestand aus vier Leuten. Die Aufgabenstellung war, als Angehörige der Polizei ein Schulprojekt zu planen. Dafür bekamen wir eine Liste mit zehn Themenvorschlägen: darunter Alkoholmissbrauch, Drogenmissbrauch, Verkehrssicherheit, sexuelle Gewalt, körperliche Gewalt, Sachbeschädigung durch Graffiti, psychische Gewalt und häusliche Gewalt. Zuerst musste jeder für sich in 12 Minuten ein Ranking der vier (aus seiner Sicht) geeignetsten Vorschläge erstellen. Danach hatten wir wieder 12 Minuten Zeit, um uns in der Gruppe auf eine gemeinsame Themenliste zu einigen. Die Zeit verging rasend schnell, wir sind nicht wirklich zu einem endgültigen Ergebnis gekommen.
Am zweiten Tag des Einstellungstests Polizei Bayern mussten wir zum Auswahlgespräch und zur polizeiärztlichen Untersuchung.
Für das Interview waren 45 Minuten eingeplant. Zuerst wurde ich allgemein zu meinem beruflichen und schulischen Werdegang befragt und wieso ich Polizist werden möchte. Außerdem ging es um persönliche Eigenschaften: Haben Sie schon einmal Verantwortung übernommen? Können Sie gut im Team arbeiten? Haben Sie sich schon einmal unfair behandelt gefühlt? Dann wollten die Interviewer noch einiges zu meiner Familie und meinen Hobbys wissen. Weitere Fragen betrafen die konkrete Polizeiarbeit: Was würde ich tun, wenn ich bei einem Kollegen eine Fahne riechen würde? Eine weitere Situation: Ein 13-Jähriger wird in einem Laden beim Stehlen erwischt. Der Junge sagt, dass er zu Hause verprügelt werden würde, wenn seine Eltern davon Wind bekämen. Wie würde ich mich verhalten? „Fiese" Fragen und Fachwissensfragen zur Polizei allgemein oder speziell zur Polizei Bayern kamen nicht vor.
Die polizeiärztliche Untersuchung fand auch am zweiten Tag des Einstellungstests statt. Zuerst muss man eine Urinprobe abgeben, dann geht es zum Zahnarzt. Weiter geht's mit einem Sehtest, einem Hörtest und einem Lungenvolumen-Test. Ganz ohne Schwitzen übersteht man die Untersuchung bei der Polizei Bayern übrigens nicht: Bei einer EKG-Untersuchung mussten wir einige Minuten lang auf dem Fahrrad-Ergometer radeln, wobei Blutdruck und Puls gemessen wurden. Zum Schluss macht sich der Arzt noch ein Bild vom allgemeinen Gesundheitszustand – Beweglichkeit, Allergien und so weiter. Die Ergebnisse bekommt man nicht sofort, die Daten müssen ja erst noch ausgewertet werden. Falls man den Einstellungstest in Bayern übersteht, muss man am Einstellungstag noch einmal beim Polizeiarzt antreten – es könnte sich ja etwas verändern.
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Fit für den Eignungstest im Auswahlverfahren
ISBN 978-3-95624-120-8
304 Seiten18,90 €
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