Ein herzliches Hallo aus dem Norden Deutschlands!
Vor Kurzem habe ich mein Abitur gemacht und damit den Grundstein gelegt, mich bei einem sehr vielversprechenden Arbeitgeber zu bewerben: beim Staat – genauer gesagt beim Zoll!
Es mag etwas kurios klingen, aber mit Abitur könnt ihr euch beim Zoll nicht für den mittleren Dienst bewerben. Also war mein Ziel der gehobene Dienst, und zwar als Diplom-Verwaltungswirt (Zollverwaltung). Beworben habe ich mich ganz klassisch per Post. Wie bei allen Unternehmen ist es wichtig (finde ich), sich ein wenig von der Masse abzusetzen, und die Online-Bewerbung ist ja gerade sehr populär. Außerdem macht es schon einen tollen Eindruck, wenn der Personaler die Mappe öffnet und ihm gleich ein klasse geschriebenes Bewerbungsschreiben ins Auge fällt. Und wenn man dazu noch ein paar Euro in die Mappe investiert hat, ist der erste Eindruck schon mal ein enormer Pluspunkt.
Die Bewerbung muss man an die zuständige Bundesfinanzdirektion richten. Ich hatte meine beiden letzten Halbjahreszeugnisse mitgeschickt, mein Abi-Zeugnis mit 2,6 war ja nicht so berauschend. Nach 2–3 Monaten Wartezeit bekam ich die Antwort, dass ich zum Einstellungstest eingeladen wäre.
Der Einstellungstest fand in Hamburg statt. Ich bin mit der Deutschen Bahn hingefahren. Das war die beste Variante, denn die Straßen sind da normalerweise sehr voll. Den Preis des Bahntickets bekommt man selbstverständlich erstattet. Also kam ich sehr entspannt 1,5 Std. vor dem schriftlichen Test im Warteraum an. Da hing auch schon das Schild: „Schriftliches Auswahlverfahren Zoll!“ Ich saß da und habe nochmal überlegt, was ich schreiben könnte, wenn ich gefragt würde, warum ausgerechnet ich die Stelle haben sollte. Es war mein erster Einstellungstest, also wusste ich nicht, was mich erwartet.
Nachdem alle Kandidaten eingetrudelt waren, durften wir in einen Saal. Dort standen mehrere Schultische im Abstand von etwa 1,5 Metern. Jeder suchte sich einen Platz und wartete darauf, dass die zwei Prüferinnen an einem zentralen Tisch am Ende des Saals etwas sagen. Zuerst gab es eine kurze Begrüßung und die Belehrung, dass man bei Betrug nicht nur ausgeschlossen wäre, sondern auch eine Anzeige zu erwarten hätte. Danach erwähnte die eine Frau noch, dass wir 30 Leute ein Teil von 500 Bewerbern sind, die es aus 1.600 Bewerbungen zum Auswahltest geschafft haben!
Danach begann der Einstellungstest. Ich hatte mich natürlich vorbereitet, unter anderem mit einem speziellen Testbuch für den Zoll. Hier grob die vier Kategorien, die geprüft werden: Zahlenverständnis, Sprachverständnis, Arbeitsprobe und Wissenstest. Das schriftliche Auswahlverfahren dauerte insgesamt vier Stunden. Essen und Trinken nebenbei war kein Problem (und sehr wichtig!).
Beim Zahlenverständnis geht es um Dinge wie Dreisatz, Prozent- und Zinsrechnung und lineare Funktionen.
Beim Sprachverständnis (Deutsch) mussten wir einen Text auf Rechtschreibfehler kontrollieren. Danach erhielten wir einige Texte, zum Teil ziemlich schwierige, unter denen immer drei Aussagen standen, von denen wir die jeweils richtige ankreuzen mussten. Mein Tipp: Lest euch vorher die Antworten durch und filtert anschließend den Text nach genau diesen Inhalten.
Anschließend ging es nochmal ums Textverständnis: Man musste Gesetzestexte anwenden, d. h. den richtigen Inhalt herausfiltern und Fragen beantworten.
Das hört sich alles ziemlich schwierig an. Ist jedoch ohne Weiteres machbar, wenn man ruhig bleibt und erst mal nur das abarbeitet, was man kann.
Außerdem gab es einen Teil, der sich Arbeitsprobe nennt. Dort muss man einen Sachverhalt schriftlich beurteilen. Ich kann ja mal meine Aufgabe schildern: Es ging darum, dass ein Mann an einem Flughafen sich gegen eine Kontrolle des Zolls gewehrt hat, weil er unbedingt seine kleine Tochter abholen musste. Einmal wurde dieses Ereignis von der Anwältin des Mannes beschrieben, einmal von den Zollbeamten. Dazu erhielt ich noch eine Einschätzung des Zoll-Leiters vor Ort, der auf die korrekte und vertrauensvolle Art der Beamten hinwies.
Meine Aufgabe bestand nun darin, die Situation zu beurteilen. Also musste ich mich mit der Anwältin des Mannes auseinandersetzen. Mein Gedanke war, die Beamten als vertrauenswürdige Personen darzustellen, deren Aussage man Glauben schenken sollte (diese Variante sollte man übrigens immer wählen). Belegt habe ich das durch die Aussage des Zoll-Chefs, durch den gut geschriebenen Bericht der Beamten und durch die Tatsache, dass der Mann wohl Opfer seiner Emotionen geworden sei, da er die Sicherheit gefährdet und Menschen in Gefahr gebracht hat. Natürlich sollte man auch etwas Verständnis einräumen. Ich habe es ungefähr so zusammengefasst: „Auch wenn man das Verhalten von Herrn … insofern nachvollziehen kann, dass er sich um das Wohl seiner Tochter sorgt, ist es dennoch unverantwortlich, die Sicherheit vieler Menschen in Gefahr zu bringen.“
Ihr müsst bedenken, worum es in dieser Aufgabe geht. Geprüft wird zum einen eure handschriftliche Sorgfalt, außerdem Rechtschreibung und Grammatik. Und natürlich eure Fähigkeit, den Sachverhalt zu durchdringen und zu beurteilen. Da ist Ausdrucksvermögen sehr wichtig. Haltet euch mit eurer Meinung und Vermutungen zurück, sondern nutzt die Fakten, die euch vorliegen. Und entscheidet euch vor dem Schreiben, welches Ziel ihr verfolgt, damit ihr aus den Texten stichhaltige Argumente ziehen könnt, die euer Urteil untermauern.
Zum Schluss kam der Wissenstest mit Multiple-Choice-Aufgaben zum Ankreuzen. Es ging um den Zoll und um Allgemeinbildung aus Bereichen wie Politik, Geografie, Sozialkunde, Religion … Beispiel: „Welche Wirtschaftsform gibt es in Deutschland?“ Antwort: „Soziale Marktwirtschaft“.
Jede einzelne Aufgabe ist mit einer Punktzahl gewichtet. Am Ende müsst ihr sowohl in jedem einzelnen Bereich (Mathe, Deutsch …) als auch insgesamt einen bestimmten Punktwert erreichen. Nach vier Stunden war der Einstellungstest vorbei und ich ging mit gemischten Gefühlen zum Bahnhof!
Ein bis zwei Monate später habe ich die Nachricht erhalten, dass ich den schriftlichen Einstellungstest erfolgreich bestanden hätte.
So, nun zum mündlichen Auswahlverfahren, diesmal etwas kürzer.
Das mündliche Auswahlverfahren fand wieder in Hamburg statt. Wir waren nur zu fünft als Teil der insgesamt 120 glücklichen Kandidaten, die den schriftlichen Einstellungstest bestanden hatten. Wir saßen in einem kleinen Raum an einem runden Tisch und warteten, da erschien auch schon die Dame vom schriftlichen Auswahltag und erzählte uns, wie es heute ablaufen würde. Sie war nett und hat uns gut durch den Tag begleitet.
Am Anfang ging unsere gesamte Gruppe zur Prüfungskommission, die aus sechs Leuten bestand. Sie haben uns nochmal darauf hingewiesen, dass wir uns so geben sollen, wie wir sind, und nicht so, wie sie uns gerne haben wollen. Doch ich muss ehrlich zugeben: In manchen Situationen hätte ich besser genau das getan.
Zunächst sollten wir eine Gruppendiskussion halten. Unser Thema: „Vor- und Nachteile sozialer Netzwerke“. Wir haben nur von Bewerber zu Bewerber geredet und sollten uns so verhalten, als ob die sechs Beobachter gar nicht da wären.
Dann folgte das Rollenspiel. Jeder ging in einen Raum und bekam einen Zettel mit der Rollenvorgabe: Man ist Leiter eines Zollamtes und soll einen Mitarbeiter zur Rede stellen, der weniger arbeitet als die anderen. Auf dem Zettel standen viele Informationen über den Mann (z. B. wie lange er schon beim Zoll arbeitet). Danach ging es in den Raum, in dem die Prüfungskommission saß. Dort wartete der „Mitarbeiter“ schon an einem Tisch.
Na ja. Ich war sehr aufgeregt, und wenn ich aufgeregt bin, kann ich schlecht überzeugend und dazu noch belehrend wirken. Darum geht es nämlich: dem Mann seine Fehler aufzuzeigen und ihm Konsequenzen klarzumachen. Er versucht manchmal abzulenken, zum Beispiel indem er sagt: „Sie trinken doch auch andauernd nur Kaffee!“ Darauf wusste ich immer nur zu antworten: „Es geht hier nicht um mich!“ Na ja. Es gibt bessere Möglichkeiten.
Auf das Rollenspiel folgte der so genannte Aktenvortrag. Dazu ging man wieder in einen kleinen Raum, wo man sich in einen Sachverhalt einzulesen hatte. Meiner: Der Zoll hatte einen Bus kontrolliert und viele Gegenstände sichergestellt, aber es gab Probleme. Der Text enthielt viele Informationen, bei denen man entscheiden musste, welche wichtig waren und welche nicht (z. B. eine 85 Jahre alte Frau musste ins Krankenhaus, ein Beamter hatte Schichtwechsel und und und …). Anschließend sollte man den Sachverhalt einem Vorgesetzten vortragen (also der Prüfungskommission). Natürlich mit neutraler Stimme, am besten so wie in der Tagesschau! Die Aufgabe fand ich schwierig, da wir sehr wenig Zeit hatten: zehn Minuten für die Ausarbeitung und fünf Minuten für den Vortrag.
Nach langer Wartezeit ging es weiter mit dem Interview, einem 45-minütigen Einzelgespräch. Inhalte des Gesprächs waren: Was macht man in der Freizeit, was macht einen guten Chef aus, persönliche Stärken und Fragen speziell zum Zoll (Aufgaben des Zolls, was befähigt einen zum Zollbeamten, wie viele Zollbeamten gibt es, Aufbau Zollverwaltung, Status eines Beamten).
Das mündliche Auswahlverfahren dauerte von 10 bis 18 Uhr. Zwar mit Pausen, aber trotzdem anspruchsvoll. Am Ende war ich sehr kaputt. Die Leute waren hilfsbereit und der Tag verlief rein formal ordentlich. Das Ende vom Lied: Ich habe auch das mündliche Auswahlverfahren mit Erfolg bestanden, als einer von 80 Kandidaten. Leider hat es „dank“ der Rangliste schließlich doch nicht gereicht: Es wurden nur 45 Leute genommen, und ich lag ein paar Plätze darüber …
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