Der erste von zwei Prüfungstagen im Bundeswehr-Karrierecenter Erfurt begann um 9.30 Uhr mit einer kurzen Begrüßung und Einweisung über den Ablauf. Wir waren drei Gruppen mit jeweils ungefähr 50 Männern und Frauen: Eine Gruppe legte zuerst den Sporttest ab, eine weitere wurde dienstärztlich untersucht, die dritte absolvierte den computergestützten Eignungstest (CAT-Test).
Wer vom ärztlichen Dienst die Untauglichkeit bescheinigt bekam, durfte die ausstehenden Tests nicht mehr durchführen. Wurden einzelne Teile des Sporttests oder des Computertests nicht bestanden, darf man diese innerhalb eines Jahres wiederholen. Der bessere Versuch zählt dann. Manche Bewerber wurden allerdings nach dem Computertest nach Hause geschickt, weil die Leistung überhaupt nicht stimmte. 50 Prozent richtige Antworten sollte man mindestens erreichen.
Ich fing mit der ärztlichen Untersuchung an. Dabei ist es wichtig, vorher keinen Alkohol oder Drogen zu konsumieren. Findet sich Derartiges im Urin oder Blut, wird man nach Hause geschickt. Ich gab eine Urinprobe ab, dann wurde mein Blutdruck gemessen und ein Sehtest gemacht. Anschließend hörte man Herz und Lunge ab, testete meine neurologischen Reflexe mit einem Hämmerchen und untersuchte schließlich ganz genau meine körperliche Verfassung, etwa den Rücken. Zurückliegende Operationen am Knie oder eine sehr gekrümmte Wirbelsäule sind da Ausschlusskriterien. Es wurde sehr darauf Wert gelegt, dass man körperlich fit ist und keine Verletzungen mitbringt. Die ärztliche Untersuchung zog sich sehr lange hin, man musste oft warten. Erst nach einer Mittagspause ging es gegen halb zwei Uhr weiter mit dem CAT-Test (Computer-Assistiertes Testsystem).
Der CAT-Test war sehr umfangreich und dauerte, wenn man sauber und ordentliche arbeitete, insgesamt vier Stunden, verteilt auf beide Tage. Die Fragen wurden in Multiple-Choice-Form gestellt. Es ist auf jeden Fall notwendig, sich mit Fachliteratur auf diese Art von Tests vorzubereiten.
Zunächst war Mathematik an der Reihe: Dreisatz, Prozentrechnung, allgemeine Textaufgaben, Bruchrechnung. Taschenrechner waren nicht erlaubt, man sollte die Aufgaben im Kopf lösen.
Danach folgte ein Diktat über Kopfhörer. Den vorgelesenen Text tippte man ein, wie man es gerade verstand, und zwar unter Zeitdruck. Wenn man den ersten Satz nicht hinbekommen hat, dann blieb er halt unvollständig. Man musste sich schon sehr drauf konzentrieren, was über die Kopfhörer gesagt wurde.
Als dritter Test war die Rechtschreibung an der Reihe: Ein Wort wurde in vier Varianten geschrieben und man sollte die richtige Schreibweise markieren. Danach ging es darum, Verhältnisse zu ordnen, zum Beispiel wie sich Alt und Jung zueinander verhalten. Gegen 16.30 Uhr war der erste Prüfungstag vorbei.
Der zweite Tag begann gegen halb sieben Uhr morgens mit einem Englisch-Test. Der lief für mich aber nicht besonders gut, ich kam schlecht in die Aufgabe rein. Das Hauptaugenmerk lag auf der Grammatik, „present perfect" und Ähnliches. Außerdem sollte ich Sätze richtig vervollständigen. Dabei muss man im Kopf übersetzen, was die richtige Bedeutung ist. Der Test dauerte etwa eine halbe Stunde.
Danach kam ein Reaktions- und Schnelligkeitstest an die Reihe. Auf dem Bildschirm blinkten im Sekundentakt Pfeile auf: ein blauer zeigte nach oben, ein roter zur Seite. Diese Richtung sollte jeweils sofort in einer Leiste angeklickt werden, weshalb man sehr schnell reagieren musste. Teilweise zeigte im Laufe des Tests ein blauer Pfeil nach unten oder zur Seite, ein roter nach oben oder unten – dadurch wurde es dann richtig schwierig.
Anschließend folgten Fragen zum technischen Verständnis (z.B.: „In welche Richtung dreht sich das Rad?", Matrizentest) und zur politischen Meinung. Die Bundeswehr wollte wissen, ob sich Bewerber an Demonstrationen beteiligen, ob man örtlich flexibel einsetzbar wäre, wie man den Umgang der Bundeswehr mit ihren Soldaten bewertete oder ob man der Meinung war, dass Deutschland zu viele Flüchtlinge aufgenommen hätte. Da waren schon ein paar gemeine Fangfragen dabei, die einen schnell in ein fremdenfeindliches Licht stellen konnten. Man musste ein bisschen überlegen, was man antwortet, weil es nur die Möglichkeiten „ja" oder „nein" gab. Später im Prüfgespräch nahm der Offizier Bezug auf die Antworten und hakte nach.
Nach dem CAT absolvierte ich den Sporttest. Zunächst wurde ein Klimmhang gefordert: Man hält sich dabei per Muskelkraft so lange wie möglich mit dem Kinn über einer Stange. Wenn man drunter kommt, gilt der Test als nicht bestanden. Bei Frauen waren zwölf Sekunden gefordert, Männer sollten es ein bisschen länger aushalten. Bei mir hat es gut geklappt, man braucht dafür aber schon ein bisschen Kraft. Der zweite Test war ein Pendellauf: Man rannte um ein Hütchen herum, zurück zur Matte und ließ sich dort hinfallen, mindestens sechs Mal in einer Minute. Der letzte Teil fand auf dem Ergometer statt: 2400 Meter in maximal sechs Minuten fahren. Es war schon ein sehr hoher Widerstand auf dem Gerät eingestellt, so dass man sich sehr anstrengen musste, die Strecke so schnell wie möglich zu absolvieren.
Die letzte Hürde bestand im Prüfgespräch mit einem Offizier und einer Psychologin. Da ist es wichtig, dass man sich so gut wie möglich verkauft. Vorher sollte man sich eingehend mit dem Thema Bundeswehr befassen, um Einsatzorte und Auslandseinsätze benennen zu können, die Einsatzgebiete im In- und Ausland. Natürlich braucht man auch einiges Allgemeinwissen, etwa die Namen von Bundesverteidigungsministern, Kanzlern, Bundespräsidenten. Außerdem sollte man wissen, warum man zur Bundeswehr will, was man dort erreichen will. Es wird auch gefragt, wie man sich bei kritischen Situationen in der Schule verhalten hat. Oder es kommen fiese moralische Zwickmühlen dran: „Wenn Ihr Leben von bewaffneten Kindern bedroht wäre, würden Sie auf diese Kinder schießen?"
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ISBN 978-3-95624-065-2
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